Nataša Pavković
Da ich mich bereits im Bachelorstudium der Anglistik und Osteuropäischen Kulturen vor allem für die jeweiligen Literaturen interessiert hatte, entschied ich im Master, mich ganz der Literaturwissenschaft zu widmen. Nach dem Abschluss absolvierte ich ein Praktikum in der Literaturförderung der Kulturstiftung Pro Helvetia. Darauf folgte im Jahr 2022 ein kurzer Zwischenstopp bei der Sozialhilfe Basel-Stadt, als Leute gesucht wurden, die Erstgespräche mit ukrainischen Geflüchteten führen könnten. Die letzten zwei Jahre war ich im Christoph Merian Verlag tätig und durfte dort einen fundierten Einblick in alle Abläufe und Prozesse der Buchproduktion erhalten – vom Textmanuskript bis zur Buchvernissage.
Interview mit Nataša Pavković
Welche Aspekte haben Dir im Rückblick auf deine Studienzeit besonders gefallen oder sind Dir nachhaltig in Erinnerung geblieben?
Der Prozess der Masterarbeit fiel mir damals überhaupt nicht leicht. Im Nachhinein vermisse ich diese Zeit. Ich schätze es, dass ich dabei die Freiheit hatte, mich so lange und so intensiv mit einem Nischeninteresse auseinanderzusetzen: Texte zu lesen, die ich selber aussuchen konnte und Fragestellungen, die ich selber definieren konnte, um mir mein eigenes kleines Interessensfeld abzustecken. Allgemein fand ich es immer toll, so flexibel zu sein mit dem Belegen der Seminare und Vorlesungen und dem Verfassen von Arbeiten.
Auch auf mein Auslandssemester in Tschechien blicke ich gerne zurück, da es mir erlaubte, ein temporäres Zuhause in einer anderen Stadt aufzubauen, in einer neuen Kultur zu leben und mich immersiv in die Sprache zu stürzen. Ohne dieses Semester und die dadurch gewonnenen Sprach- und Literaturkenntnisse wäre meine Masterarbeit nicht möglich gewesen.
Welche spezifischen Fähigkeiten oder Kenntnisse, die Du während Deines Studiums erworben hast, waren besonders nützlich oder relevant für Deinen beruflichen Werdegang?
Die Arbeit an und mit Texten hat mir unglaublich viel gebracht. Einerseits die Lektüre von verschiedenen wissenschaftlichen, aber auch literarischen Texten, aber andererseits auch die Tatsache, dass man gezwungen ist, selber zu schreiben. Auch ausserhalb der akademischen Sphäre habe ich in all meinen beruflichen Kontexten auf meine textlichen Kompetenzen zurückgreifen können; sei das im Verfassen von Beiträgen oder der Gestaltung von Werbemitteln oder auch in der Bewertung und Bearbeitung von Textmanuskripten. Ich habe das Gefühl, diese Sicherheit im Umgang mit Textmaterial und im Generieren von eigenen Texten nimmt man schnell mal als gegeben hin, aber das habe ich dem Phil.-Hist.-Studium zu verdanken.
Welche Ratschläge würdest Du Studienanfänger:innen geben, um ihr Studium erfolgreich zu gestalten und sich auf den Berufseinstieg vorzubereiten?
Unbedingt alle praxisbezogenen Veranstaltungen besuchen - ob Übersetzungsworkshops, Seminare zur Organisation von Literaturfestivals oder Gespräche mit Berufstätigen mit einem vergleichbaren Studienfach im Hintergrund. Das kann aus zwei Gründen sehr wertvoll sein: Erstens erfährt man vieles über ein mögliches praktisches Feld des eigenen Studiums und bekommt aufgrund dessen das eigene Interesse bestätigt oder widerlegt, und zweitens können sich Aspekte aus diesen Veranstaltungen später in der Jobsuche als relevant erweisen.
Bei mir war es so, dass ich im Rahmen eines Übersetzungsprojekts von Maria Chevrekouko das Schweizer Verlagswesen besser kennengelernt habe und mit wichtigen Agent:innen der Schweizer Literaturlandschaft in Kontakt treten konnte. Das waren Kenntnisse, die sich wiederum für die Arbeit bei Pro Helvetia als sehr wichtig herausgestellt haben.
Weiter förderlich ist es natürlich auch, wenn man bereits während des Studiums erste berufliche Erfahrungen sammelt und sich zu vernetzen versucht.
Warum hast Du dich für ein Studium mit Schwerpunkt auf Osteuropa an der Universität Basel entschieden und wie hat sich diese Entscheidung auf Deinen beruflichen Werdegang ausgewirkt?
Ich wollte schon immer Russisch lernen, und habe darum bereits am Gymnasium Russisch als Schwerpunktfach gewählt. Das wollte ich nach der Matura unbedingt weiterverfolgen, und habe mich deshalb für das Studium der Osteuropäischen Kulturen an der Universität Basel entschieden. Zur Russischen Sprache hat sich dann bald auch die Tschechische gesellt. Der Spracherwerb und die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Literatur haben mir viel Freude bereitet. Daraus hat sich dann ein Interesse für die Verlagswelt und die Literaturbranche herauskristallisiert. Heute fehlt mir der Bezug zu osteuropäischer Literatur, zumindest beruflich. Dafür wartet im Bücherregal immer noch der eine oder andere Dostoevskij darauf, gelesen zu werden.
Das Interview fand im Juli 2024 statt